Meine letzte Tunesienreise und wie ich den Nahostkrieg in einem arabischen Land erlebt habe

29. Dezember 2023

Meine Ankunft in Tunis

Am 28.10.2023 bin ich für 5 aufeinander folgende Individualreiseprojekte nach Tunesien geflogen und habe 7 Wochen dort verbracht. Ich war sehr entspannt und durch meine tunesischen Geschäftspartner und Freunde gut informiert über die Situation zum Nahost-Konflikt. Zu der Zeit sprach man noch nicht offen über den Nahostkrieg. Obwohl es schon zu dem Zeitpunkt „nach mehr“ aussah als nach einem Konflikt. Weniger entspannt waren einige Freunde in Berlin – und auch meine Familie machte sich Sorgen und fragte, ob ich meine Reise nicht verschieben könne. Ich verneinte, „das ginge leider nicht, alles ist minutiös durchgeplant“, wie ich eben arbeite, besonders bei einer Reise nach Afrika, da kann ich nichts dem Zufall überlassen. Außerdem: Alle Kunden die gebucht hatten, freuten sich schon seit Monaten auf ihre unterschiedlichen Reisen, von Seminarurlauben bis zu Wüstentouren.

Mein Flug ging mit etwas Verspätung um 18 Uhr von Düsseldorf nach Tunis, ganz entspannt. nach 2,5 Flugstunden war ich im Orient, hatte afrikanischen Boden unter den Füßen. Landung im Hauptstadtflughafen Tunis / Carthage. Wie immer ist es auch für mich als Reiseprofi jedesmal aufregend auf einem anderen Kontinent zu landen, außerhalb der EU-Zone. Auch ich muss mich anfangs erst einmal wieder „neu“ einstellen und habe das Phenomen „Kulturschock“ die ersten 24 Std.

Tunis in 24 Std. – vom Flughafen direkt in die Halloween-Milonga, ins Bardomuseum, in die Oper und zum Tangokurs

„La Vida es una Milonga“ heißt es doch in einem Tango, oder?….Kein Pardon für müde TangotänzerInnen! Auch, wenn ich nach einem 24stündigen Reisetag mit Bus, Zug und Flug auch ins Bett hätte fallen können. Verabredung ist Verabredung, da muss man standhaft bleiben. Direkt vom Flughafen ging es bei abendlichen 25° Celsuius direkt in die Milonga, wo die Tunis-Tangocommunity schon wartete. Meine Tangoschuhe oben im Handgepäck und und im Zwiebellook mit dünner Bluse landete ich direkt auf der Halloween-Milonga, das war schön! Fast alle waren verkleidet, ein bisschen im „Horrorlook“. Beendet wurde der Tanzabend dann mit der traditionellen Chacarera..adentrooo!

Das Verhältnis zwischen Juden und Arabern in Tunesien

Tatsächlich bin ich mit meinen Individualreisen schon seit 2014 in Tunesien mit Tangogruppen aktiv, also in einem arabischen Land unterwegs. Ich habe mir anfangs keine großen Gedanken gemacht, was das bedeutet, aus einer multi-kulturellen Familie kommend, habe ich zwei Auslandsjahre in den USA in einem Kosher-Haushalt verbracht. Ich hätte sogar fast einen Juden geheiratet: Mein früherer Verlobter war syrischer Jude aus New York.

In Tunesien war das Jude sein nie ein Problem – ich habe sogar Gesellschaften in einem jüdischen Restaurant in Tunis organisiert, gekocht hat der Inhaber, Tonton Jacob (Onkel Jacob) persönlich. Die Gäste waren Tunesier und Deutsche (meine Reiseteilnehmer).

Auf dem Festland leben nicht mehr viele Juden nach Hitlers Genozid in Afrika zu Beginn 1940. Die Insel Djerba stellt dort die Ausnahme dar: Juden und Araber leben weiterhin entspannt zusammen. In Houmt Souk, der Inselhauptstadt und in Eriadh in gleichen Nachbarschaften, oder „Kiez an Kiez“. Das war schon immer so. Die täglichen Kriegsnachrichten haben daran nichts geändert. Aber dazu im übernächsten Absatz.

Gab es Demonstrationen in Tunis?

Es gab keine Demos, wie wir sie aus Deutschland kannten nach dem 07. Oktober. Einen kleinen Einblick hatte ich in Tunis: An meinem zweiten Tag in der Hauptstadt durfte ich gleich einen Tangokurs geben! Das war von den Einheimischen schon organisiert, ich war angekündigt als Gastlehrerin. Auf dem Weg in den Ort fuhr ein Van mit Lautsprechern und Palestina Flagge an mir vorbei. Ich habe den Wortlaut nicht verstanden, aber es ging um das Mitgefühl der dort leidenden Bevölkerung, die engsten Verbündeten, den Brüdern und Schwestern der Tunesier. Keine Menschenmassen, kein Geschrei und auch keine Polizei in weiter Sicht. Es waren eher friedliche Kundgebungen. Das war für mich erstmal neu. Die Geschehnisse in Deutschland über die dort stattfindenden Demos waren andere an den Tagen vor meiner Abreise und haben eher Besorgnis hervorgerufen. Hier in Tunis erlebte ich genau das Gegenteil: Friedensdemos für Frieden.

Meine Weiterreise auf die Insel Djerba

Auf Djerba fand ich eine ähnliche Situation vor. Wenn wir die Strände und Lagunen, wo wir gerne mit den „Profis“ der Gruppen gerne reiten gehen, verlassen haben, war in den Orten immer alles ruhig. Keine Polizei, keine Demos, ein paar neue Streetarts, zu den bestehenden in Djerbahood, der Ort unseres Tagesausfluges für die Seminarreisegruppe. wurden entdeckt, aber nicht im aktuellen Zusammenhang mit den Geschehnissen in Gaza.

Den Abstecher zur Synagoge, „La Grihba“, eine der ältesten und bekanntesten Synagogen der Welt, haben wir bei dieser Reise nicht geschafft, weil wir mehr Zeit im Streeetart-Ort Djerbahood verbringen wollten – und ein neues Ziel für unser Sunset-Highlight der Inseltour entdeckt haben: die Moschee Sidi Yeti. Das war uns wichtig, hier rechtzeitig zu sein. Wofür wir mit einem atemberaubenden Sonnenuntergang belohnt wurden:

Djerbahood

Die Zeit hier ist leider nie zu lang! Mit der zweiten Seminarreisegruppe waren wir seit langem wieder zum Aperó in meinem Lieblings „Maison d`hôtes“, dem Dar Diafa…eine Oase in der Oase. Dort konnten wir erlebtes verarbeiten, verschnaufen und eine „Citronade“ genießen. Die Streetarts / Graphitties, einer Kunstgalerie, auch wenn sie offen unter freiem HImmel gelegen ist, verzehrt Energie.

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